Erlöst vom Tod, Hallelujah!
Tiefe Freude: Am Sonntag Lätare wird die Freude des Glaubens gefeiert. Wie die Blüten im Frühling aus dem toten Holz sprießen, so sollen Christen sein: Von Gottes unzerstörbarer Liebe erfasst.
Vor einiger Zeit war ich mit einer Delegation in einem deutschen Gottesdienst. Sehr spannend! Denn die Gäste kamen aus Afrika und verstanden kein Wort Deutsch. Trotzdem schauten sie dem Geschehen natürlich brav zu. Dann aber kam der Showdown. Als ich wissen wollte, wie es ihnen gefallen habe, lautete die Antwort: »Das kann kein Gottesdienst gewesen sein … denn es hat sich niemand gefreut.« Wumms! »Ja«, sagte eine, »ich kann zwar nur die Körpersprache beurteilen. Aber ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Wo ist das Lachen? Wo ist die Leidenschaft? Wo ist das Jubeln? Wo ist die Begeisterung?« Gute Fragen!
Hat Friedrich Nietzsche Recht, der schon im 19. Jahrhundert lässig verkündete: »Erlöster müssten mir seine Jünger aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne.« Was darauf hindeutet, dass die Glaubenden schon damals nicht dafür bekannt waren, dass ihnen die Glaubensfreude aus allen Poren dringt. Schade! Schließlich heißt es im Philipperbrief motivierend: »Freut euch in Gott allewege. Und ich sage es euch noch mal: Freut euch.« Eigentlich sollte man Menschen, die überzeugt sind, dass ihr Glauben sie von irdischen Ängsten befreit, diese Freude auch abspüren. Nicht umsonst meint Martin Luther: »Wo Glauben ist, da ist auch Lachen.« Zugleich heißt das: Wenn in unseren Kirchen das Lachen fehlt, könnte das ein Hinweis auf einen dürftigen Glauben sein.
Dass Luther mit seinem Spruch den Nagel auf den Kopf trifft, darauf haben mehrere kluge Köpfe verwiesen. Warum? Weil Glauben und Lachen viel gemeinsam haben. Beide Male geht es darum, einen Schritt zurückzutreten, um das Leben aus einer neuen Perspektive zu betrachten. So schreibt der Nobelpreisträger Henri Bergson: »Lachen entsteht immer da, wo etwas Lebendiges von etwas Mechanischem überdeckt wird.« Das heißt: Wenn wir lachen, dann, weil wir feststellen, dass etwas dem Leben seine Lebendigkeit rauben will. Und das gilt genauso für den Glauben: Jesus lädt die Menschen ein, die Welt mit den liebevollen Augen Gottes zu sehen, um so den eigenen Fehlern und Schwächen auf die Spur zu kommen und das »Leben in Fülle« zu entdecken. Ein Gedanke, den übrigens schon die antike Philosophie kannte. So erklärt Platon: »Lachen weist auf die Diskrepanz von Sein und Schein hin.« Und ein Teil der Glaubensfreude besteht doch darin, dass Christinnen und Christen niemandem etwas vormachen müssen, weil sie wissen, dass Gott sie liebt, so, wie sie sind. Dass sie versuchen, immer mehr vom Schein zum Sein zu kommen. Darum setzt Luther noch einen drauf und behauptet: »Wer immer und überall lachen kann, der ist ein wahrer Doktor der Theologie.« Mit anderen Worten: Wer von einer inneren Freude erfüllt ist, der hat etwas vom Geheimnis des Glaubens erkannt.
Höchste Zeit, unseren Liturgien wieder mehr Freude einzuhauchen – was nichts damit zu tun hat, dass jemand von der Kanzel Witze erzählt. Gott bewahre. Aber vielleicht fallen uns ja Formate ein, in denen die Freude am Glauben spürbarer wird. Manchmal hilft da schon ein Lächeln des Liturgen, ein Strahlen von der Kanzel – und der Mut, Freudenworte in der Lesung tatsächlich fröhlich vorzutragen. Und wer sagt, dass wir in einem Gottesdienst nicht mal laut jubeln dürfen? Klingt fremd, wäre aber angemessen.
Ich jedenfalls frage mich, wie ein Gottesdienst aussehen müsste, den meine Delegation aus Afrika als einen »richtigen« Gottesdienst erleben würde. Jetzt, am Sonntag »Lätare« (»Freue dich!«) ist der passende Moment, um da ein bisschen zu experimentieren. Und das nicht bierernst, sondern mit Heiterkeit. Damit Karl Barth Recht behält, der überzeugt war: »Der Christ treibt dann gute Theologie, wenn er mit Humor bei der Sache ist. Nur keine verdrießlichen Theologen, nur keine langweilige Theologie.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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