Mensch Pfarrer
Pfarrerbild: Nicht nur die Kirche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel – auch das Berufsbild des Pfarrers. Auf welche Fähigkeiten kommt es künftig an? Eine Erinnerung an Martin Luther könnte helfen.Wie halten wir’s mit dem allgemeinen Priestertum aller Getauften? Sprechen wir zu Recht mit ein wenig Stolz davon – oder müssten wir schamrot werden, wenn wir unsere durch und durch pfarrzentrierten Kirchen als gelebte Orte des Priestertums aller Getauften beschreiben? Wie schaffen wir es endlich, dass die Rede vom Priestertum aller Getauften keine leere evangelische Formel ist, sondern gelebte und erfahrbare kirchliche Wirklichkeit?
Alle sind Priester, und manche sind Pfarrer. Dieser Satz geht auf Martin Luther zurück, der einmal schrieb: »Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes, und ist zwischen ihnen kein Unterschied als allein des Amts halber. Demnach also werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht.« Die Reformation vor 500 Jahren bedeutete einen Sturz der Autoritäten. Alle sind Priester – und manche sind Pfarrer. Das war die Logik der Reformatoren. Dabei sind Pfarrer und Pfarrerinnen dafür da, das von Gott kommende Wort zu sagen, das Wort, das Menschen herausholt aus ihrem Eingeschlossensein in sich: »Dir sind deine Sünden vergeben!« »Christi Leib – für dich!“ „Der Herr segne dich und behüte dich …«. Weil es dieses göttliche Wort von außen braucht, braucht es Pfarrer. Nur deshalb. Nicht, weil diese so besonders gut Kindergärten verwalten, Bauprojekte beaufsichtigen oder in die Tiefen der kirchlichen Verwaltung einsteigen könnten.
Doch: Auch Pfarrerinnen und Pfarrer haben dieses befreiende äußere Wort nicht einfach. Sie »verwalten« es auch nicht, wie Menschen in Behörden etwas verwalten. Sie leben ein Leben der Suche nach diesem Wort, der Erwartung dieses Wortes – und ihnen sind Handlungen anvertraut, auf denen die Gewissheit liegt, dass in, mit und durch sie dieses Wort hörbar, schmeckbar, sichtbar wird: Taufe und Abendmahl.
Die aktuelle Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung bestätigt erneut die Zentralstellung des Pfarrers/der Pfarrerin in der öffentlichen Wahrnehmung von Kirche und Gemeinde. Pfarrer sind die Zentralstellen im Netzwerk der Gemeinde, stehen dort, wo sich die »dicken Knoten« gemeindlichen Netzwerks befinden. Sie sind die zentralen Ansprechpartner – gerade für die distanzierteren Gemeindeglieder. Und auch im Internet sind die bedeutendsten evangelischen Influencer eben doch Pfarrerinnen und Pfarrer. Irgendwie schon »cooler«, aber eben doch auch deutlich »pastoral« und so auch erkennbar.
Wenn Pfarrer schon als eine Zentral-#%figur wahrgenommen werden, dann gilt es in besonderer Weise darauf zu achten, dass die Idee vom Priestertum aller durch pastorales Handeln nicht noch weiter in den Hintergrund tritt. Es braucht Pfarrerinnen und Pfarrer, die im Mittelpunkt stehen – und doch wissen, dass sie ihre Aufgabe dann erfüllen, wenn sie das Zentrum freimachen für die anderen und vor allem: für das, was der ganz Andere, Gott, immer neu zu sagen hat.
Vielleicht müssten Pfarrerinnen und Pfarrer neu lernen, dass sie das Evangelium nicht haben und nicht einfach so kommunizieren können. Wir haben das Evangelium ja nicht – es ist uns voraus, immer. Denn es ist der lebendige Christus selbst mit seinem befreienden Wort. Evangelium gilt es immer neu zu entdecken, zu finden, zu erwarten in unterschiedlichen Zusammenhängen – mit unterschiedlichen Menschen (innerhalb und außerhalb der Kirche). Luther meinte: »Ein Christ steht nicht im Worden Sein, sondern im Werden, denn Christus spricht zu ihm bittet, suchet, klopfet an, es heißt nicht ihr habts, ihr habts gefunden, ihr seid hereingekommen, sondern bittet, suchet, klopfet an …«. Die Menschen, die mit uns in der Gemeinde leben, die Distanzierten und die Halb-Distanzierten, die ganz Engagierten, die mehr oder weniger Frommen, die mehr oder weniger Gebildeten, die Armen und die Reichen – sie sind Priesterinnen und Priester. Wenn Pfarrerinnen und Pfarrer sie so sehen und behandeln, kann genau dies sichtbar werden. Die Zentralstellung der Pfarrer sollte so genutzt werden, dass sie dem Entscheidenden nicht im Weg stehen: dass es im Glauben zwei starke aktive Handelnde gibt: Gott und die Priesterinnen und Priester.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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