Die Zahl rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe verharrt in Sachsen auf hohem Niveau. Für 2020 verzeichnete die Opferberatungsstelle RAA im Freistaat 208 solcher Gewaltstraftaten mit mindestens 304 Betroffenen. Wie RAA-Fachreferentin Andrea Hübler am Dienstag in Dresden sagte, sind auch vier besonders schwere Gewalttaten registriert worden. Ein Mensch sei wegen seiner sexuellen Orientierung getötet worden.
Am 4. Oktober hatte ein 20-jähriger islamistischer Gefährder in Dresden ein schwules Paar angegriffen. Einer der beiden 55 und 53 Jahre alten Männer starb nach der Messerattacke, sein Partner überlebte schwer verletzt. Gegen den mutmaßlichen Täter wurde Anklage erhoben. Er soll aus einer radikal-islamistischen Gesinnung heraus gehandelt haben.
Bei den Angriffen im vergangenen Jahr handelte es sich laut Hübler bei 139 Delikten um Körperverletzungen, in 47 Fällen um Nötigung oder Bedrohung. Zudem seien fünf Brandstiftungen verübt worden, darunter Anschläge in Döbeln auf eine Shisha-Bar und ein Dönerlokal. Ein 16-jähriger Jugendlicher, der laut RAA Sachsen der Neonazi-Szene zugeordnet werden kann, hatte Ende August bei einer alternativen Techno-Party zwei junge Menschen schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter befindet sich in Untersuchungshaft. Die Anklage sieht laut Hübler kein rechtsmotiviertes Tatmotiv. 2019 waren 226 Angriffe verzeichnet worden.
Die Corona-Pandemie habe sich in vielerlei Hinsicht auf rechte und rassistische Gewalt ausgewirkt, sagte Hübler. Bei Demonstrationen der "Querdenken"-Bewegung seien politische Gegner und Journalisten angegriffen worden. Zudem sei dort ein gewachsener Antisemitismus sichtbar geworden. Unter anderem stellten sich Demonstranten mit Symbolen verfolgten Jüdinnen und Juden in der NS-Zeit gleich.
Mit Verschwörungserzählungen gingen antisemitische Einstellungen und Feindbilder einher, sagte Hübler. Weil Gewalt dabei gerechtfertigt werde, sei ein hohes Radikalisierungspotenzial die Folge. Eine solche "Widerstands-Rhetorik" werde auch in der Ideologie von der Neuen Rechten und von Neonazis propagiert. Da verbinde sich Rassismus mit Antisemitismus und Antifeminismus.
Schwere Gewalttaten im vergangenen Jahr und "die sichtbare Radikalisierung im Zuge der sogenannten 'Querdenken'-Bewegung" zeigten, wie brisant die gesellschaftliche Situation sei, sagte RAA-Geschäftsführer Robert Kusche. "Eine Kultur der Solidarität und eine klare Agenda gegen Rechtsextremismus, rechten Terror sowie Rassismus und Antisemitismus in Sachsen bleibt absolut notwendig", betonte er. RAA Sachsen erhebt ausschließlich Gewaltdelikte, nicht aber etwa Bedrohungen oder Volksverhetzungen.
Regionale Schwerpunkte rechter Gewalt in Sachsen sind laut RAA die Städte Dresden (52), Leipzig (66) und Chemnitz (16). Zudem stelle der Landkreis Leipzig seit Jahren eine Schwerpunktregion in Sachsen dar (2020: 18 Taten).
Die Fachberatungsstelle Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V. unterstützt seit 2005 Opfer rechtsmotivierter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bei der Bewältigung der Tatfolgen und dokumentiert darüber hinaus diese Angriffe. Im Jahr 2020 verzeichnete die Initiative sachsenweit 263 Beratungsfälle.
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