»Zukunftsglaube« trotz »System ist am Ende«
Sächsische Landessynode diskutiert Bischofsbericht, Haushaltplan 2024 und Zukunft des Verkündigungsdienstes – Debatte über Pfarrreferenten muss unterbrochen werden
Gegen 22.30 Uhr musste die Präsidentin der 28. sächsischen Landessynode die Reißleine ziehen. Die Debatte zum Gesetzentwurf über neue Pfarrreferenten war nicht nur durch Änderungsanträge zusehends komplizierter geworden und schien an diesem späten Samstagabend nicht mehr zu einem Ende zu kommen. Denn die 80 Landessynodalen hatten sich über den Tagesverlauf hinweg in ihrer Diskussionsfreude gesteigert, was in der intensiven Debatte über die Zukunft des Verkündigungsdienstes kulminierte. Bettina Westfeld unterbrach deshalb die Diskussion und schickte die 60 Gewählten aus den Kirchgemeinden, die 20 Berufenen sowie die Vertreter des Landeskirchenamtes und die kaum noch vorhandenen Gäste nach einem anstrengenden Sitzungstag ins Bett.
Dabei steht die Landessynode vor wegweisenden Entscheidungen: Es herrscht Nachwuchsmangel in den Verkündigungsberufen und in vielen ländlichen Räumen eine »Notsituation«, wie es zahlreiche Synodale beschrieben. Vizepräsident Christoph Apitz sprach von über 100 unbesetzten Pfarrstellen in der Landeskirche und Kirchenleitungsmitglied Max Steinert meinte, »das System ist längst am Ende«. Deshalb sollen ehrenamtliche Prädikanten und Diakoninnen künftig als sogenannte Pfarrreferentinnen und Pfarrreferenten die Wortverkündigung und die Verwaltung der Sakramente hauptamtlich übernehmen dürfen, allerdings zeitlich befristet und ohne die Gemeindeleitung zu übernehmen.
Viele Synodale wollen für die Kirchgemeinden noch mehr erreichen: etwa dass die Pfarrreferenten auch stimmberechtigt im Kirchenvorstand mitwirken, wie es sich der Leipziger Pfarrer Peter Amberg wünscht. Oder dass sich Gemeinden solche Stellen für Pfarrreferenten auch selbst finanzieren dürfen, wie es etwa Kirchenleitungsmitglied Friedhelm Zühlke in seinem Antrag forderte, ohne eine Mehrheit dafür zu bekommen. Auch für die Seelsorge sollen Pfarrreferenten zuständig sein, wurde in erster Lesung schon im Gesetzentwurf ergänzt. Pfarrerin Nikola Schmutzler warnte zugleich in Sachen Seelsorge, dass der am Vormittag präsentierte Aufarbeitunsbericht über Missbrauch im Zusammenhang mit dem früheren Diakon Kurt Ströer zur Vorsicht bei Stellenknappheit und verkürzten Ausbildungen mahne.
Die Aufarbeitung von sexuellem und geistlichem Missbrauch war in Form von sechs Betroffenen- und zwei Aufarbeitungsberichten das dominierende Thema des Sitzungstages bis zur Mittagspause, allerdings ohne Diskussion in der großen Runde, sondern nur in Gruppen. Nach dem Mittag nahm Landesbischof Tobias Bilz auch in seinem Bischofsbericht unter dem Titel »Zukunftsglaube – wie es sein könnte, wenn wir uns mehr von Gottes Führung als von den aktuellen Lebensumständen bestimmen ließen …« noch einmal Bezug zu diesem Thema. In seiner persönlichen Meditation zu Georg Neumarks Lied »Wer nur den lieben Gott lässt walten« sprach er in einem »schweren Abschnitt« zum Thema Heuchelei: »Es gibt für Heuchelei keine Entschuldigung und sie ist zugleich eine riesengroße Herausforderung an uns als Kirche. Wenn verwerfliches Handeln, etwa sexualisierte Gewalt, sich mit Frömmigkeit vermischt, dann haben wir es mit einer schlimmen Form der Heuchelei zu tun. Es hilft nichts, das gehört aufgedeckt!«
Die andere große Herausforderung der Landeskirche werden künftig die Finanzen sein. Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Till Vosberg, stimmte die Synodalen auf eine Zukunft ein, in der angesichts sinkender Kirchenmitgliederzahlen mit stagnierenden Steuereinnahmen gerechnet werden müsse. Letztmalig seien im Jahr 2022 von weniger Kirchenmitgliedern mehr Kirchensteuereinnahmen erzielt worden. Das habe für 2024 erstmalig zu dem Effekt geführt, dass ein Teil der unerwarteten Mehreinnahmen an die Kirchgemeinden und Kirchenbezirke ausgezahlt wird. Doch bereits 2023 sei nach jetzigem Stand mit Mindereinnahmen von drei Millionen Euro zu rechnen, sagte er. Was das für künftige Haushaltsdebatten bedeuten kann, wurde am Beispiel einer geplanten Studie zu Gottesdiensten mit Familien und Kindern deutlich. Der Finanzausschuss hatte die Studie an der Universität Leipzig mit Kosten von 45 000 Euro gestrichen, weil ihr Nutzen angezweifelt wurde. In einer engagierten Debatte verteidigten verschiedene Synodale den Sinn der Studie und unterstrichen die Herausforderung für Kirchgemeinden, nach Corona wieder Familien in den Gottesdienst zu bekommen.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
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