Dorfkirche mit Freiraum
Sachsens Landgemeinden können innovativ sein. Das haben sieben Beispiele zur Land-Kirchen-Konferenz der EKD in Kohren-Sahlis gezeigt. Doch auch Modelle anderer Landeskirchen könnten Vorbild sein.Dass der Pfarrer nicht mehr vor Ort wohnt, ist für viele Dörfer in Sachsen schon normal. Auch dass eine Kirchgemeinde vorübergehend mal keinen Pfarrer hat. Aber dass ein ganzes Kirchspiel mehrere Jahre ohne Geistlichen auskommt, ist ungewöhnlich – ein Grenzfall, an der Grenze zu Thüringen. Und doch ist Regis-Breitingen im Kirchenbezirk Leipziger Land vielleicht ein Zukunftsmodell für manche Orte. Zwar ungewollt, denn die Gemeinde wünscht sich wieder einen Pfarrer. Doch die Ehrenamtlichen halten das Kirchenschiff auch allein mit Kantor und Verwaltungsangestellter auf Kurs. Die Ehrenamtsakademie der Landeskirche Sachsens unterstützt sie dabei.
Regis-Breitingen könnte einer dieser »Erprobungsräume« werden, die der Schweriner Bischof Andreas von Maltzahn Ende vergangener Woche für den ländlichen Raum gefordert hat. Anlässlich der dritten Land-Kirchen-Konferenz der EKD im westsächsischen Kohren-Sahlis warb er für mehr Eigenverantwortung und größere Spielräume der Gemeinden. Er regt an, auch Menschen in die Gemeinde einzubinden, die nicht zur Kirche gehören. Angesichts der schrumpfenden Bevölkerung auf dem Land sei es »endlich an der Zeit, nicht so sehr in Kategorien von Mitgliedschaft zu denken, sondern von Beteiligung und von Weggemeinschaft«, sagte von Maltzahn.
Seit 2011 nimmt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) den ländlichen Raum stärker in den Blick. Die im Zwei-Jahres-Rhythmus tagende Land-Kirchen-Konferenz spürt dabei verschiedene Beispiele auf, wie Gemeinde auf dem Land gelebt werden kann. Vor wenigen Tagen inspizierten die etwa 65 Delegierten fast aller Landeskirchen sieben Beispiele in Sachsen, darunter auch Regis-Breitingen.
»In Sachsen gibt es gute volkskirchliche Strukturen, wenn auch mancherorts auf vergleichsweise niedrigem Niveau«, meint Jürgen Schilling, der als zuständiger EKD-Mitarbeiter die Konferenz unter dem Motto »Kirchenbilder – Lebensräume« mit vorbereitet hat. »Die tradierten Kirchenbilder sind in Sachsen noch stark«, sagt der aus Thüringen stammende Pfarrer nach der dreitägigen Konferenz. Der sächsische Delegierte Alexander Wieckowski gibt ihm Recht: »Das Problem bei uns ist immer noch die Pfarrerzentriertheit«, meint der Pfarrer aus Großhennersdorf in der Oberlausitz. Doch Gemeinde müsse sich auch ohne Pfarrer engagieren, sagt er.
Für manche Gäste ist das nichts Neues: In den Landeskirchen Hannover und Braunschweig etwa gibt es seit sieben Jahren ausgebildete Gemeindekuratoren, die Kirchgemeinden ohne Pfarrer ein Gesicht geben und leitende Verantwortung übernehmen. »Wir müssen darüber reden, wie wir Kirche verstehen«, sagt Alexander Wieckowski in Anlehnung an das Thema der Konferenz. »Es wird keinen Masterplan von der EKD geben, wie es auf dem Land am besten geht«, so der Pfarrer. »Vor Ort muss sich herausstellen, was geht und was nicht. Das ist sehr unterschiedlich. Und da darf es auch Brachen geben.«
Am Ende der Konferenz wurde verabredet, regionale Netzwerke für gemeinsame Arbeit zu schaffen, so zwischen Baden und Württemberg. Schon nach der zweiten Konferenz 2013 hatte Jürgen Schilling gefordert, die Land-Kirchen-Problematik auf die Ebene der Bezirks- und Landessynoden zu heben. Studienleiter Dirk Martin Mütze als gastgebender Organisator im Evangelischen Zentrum Ländlicher Raum in Kohren-Sahlis wünscht sich eine solche Vernetzung auch für Mitteldeutschland: »Die Perspektiven und Möglichkeiten müssen an die Basis kommen und dort diskutiert werden.«
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.