Achtung, Sie lesen gerade verdächtige Ware. Was hier steht, ist garantiert zugespitzt, zeigt bestenfalls einen Ausschnitt vom Ganzen, und die Meinung des Autors schimmert mehr als nur durch. Es geht nicht anders. Klingt nach Ironie? Ist aber die Wahrheit: Wir Journalisten brauchen kritische Leser, sehr dringend sogar.
Es sind ungemütliche Zeiten angebrochen für uns Medienmenschen in diesen Wintertagen. Gefühlt seit Heinrich Heine waren wir die Hohepriester der Wahrheit, und jetzt das: »Lügenpresse« ruft es aus Pegida-Demonstrationen (und dass dieses Wort den metallenen Nachhall der Nazi-Zeit hat, sei an dieser Stelle geschenkt). Im Internet wird die Nähe von Edelfedern und Edel-Entscheidern aus Politik und Wirtschaft auseinandergenommen, und selbst der sonore Außenminister Steinmeier kritisiert einen erstaunlichen Gleichklang der Medien.
Beispiele? Die meisten von uns Journalisten sind gegen Putin, gegen Pegida, gegen Atomkraft. Das müsste eigentlich misstrauisch machen, denn die Dinge sind im Leben äußerst selten so eindeutig. Viele Bürger sehen das. Wir Journalisten aber, wir Berufs-Misstrauischen, waren blind.
Es wäre Zeit für ein journalistisches Bußgebet: Ja, wir schreiben zu oft in Schablonen. Wir bedienen lieber die Wohlfühl-Phrasen unserer Klientel, anstatt quer zu denken. Wir urteilen lieber von der geraden Schreibtischkante aus, anstatt uns den Widersprüchen des Lebens zu stellen. Jesus war übrigens kein schlechter Lehrer für Journalisten: Hingehen zu den Menschen, fragen, zuhören – dann erst scharf urteilen. Und bei all dem barmherzig bleiben. Wir Journalisten müssen das lernen, Tag für Tag. Wäre übrigens schön, wenn unsere lauten Kritiker das genauso täten.
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